Auf dem internationalen Open Search Symposium 2023 diskutierten vom 4. bis 6. Oktober Forscher, Tech Experten und Vertreter aus Politik und Industrie über die Grundlagen einer menschenzentrierten, transparenten und offenen Internetsuche. Auch dieses Jahr gab es wieder eine Vielzahl von Vorträgen zu gesellschaftlichen und ethischen Aspekten der Internetsuche: Von globalen Perspektiven über kognitive Verzerrungen bis hin zu philosophischen Grundsatzfragen wurden viele Facetten beleuchtet. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit, um eine gerechtere und menschenzentrierte digitale Zukunft zu gestalten.
Hier die Highlights (eine vollständige Zusammenfassung aller drei Konferenztage gibt es hier):

1. Keynote von Angella Ndaka: „Inclusion by whose terms?“
Angella Ndaka vom Centre for Africa Epistemic Justice eröffnete die Diskussion mit einem kritischen Blick auf die Auswirkungen technologiegetriebener Unternehmen auf afrikanische Gesellschaften. Sie stellte das Prinzip „Ubuntu“ als Gegenmodell zur algorithmischen Bevormundung vor und beleuchtete die Gefahr, wie Algorithmen demokratische Strukturen gefährden und soziale Ungleichheit verstärken. – Ein Weckruf für einen globalen Perspektivwechsel.
2. Kognitive Verzerrungen bei der Websuche
Ein Team der Technischen Universität Graz präsentierte seine Studie zur Rolle kognitiver Biases in der Internetsuche: Auch bei neutralen Suchergebnissen können vorgefasste Meinungen die Wahrnehmung dominieren. Die Forschenden zeigten eine Lösung auf, wie Suchverhalten analysiert werden kann, um Nutzer auf unbewusste Vorurteile aufmerksam zu machen und diese zu minimieren.
3. Philosophische und soziologische Perspektiven
Manuel Theophil von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität beleuchtete die Rolle von Menschenrechten und ethischen Grundsätzen in der Internetsuche. Er diskutierte, wie Begriffe wie „Freiheit“ und „Offenheit“ im Kontext von Suchmaschinen neu gedacht werden müssen, um demokratische Prozesse zu fördern.
4. Bias in Such- und Empfehlungssystemen
Ricardo Baeza-Yates, Direktor des Institute of Experiential AI an der Northeastern University in den USA, zeigte in seiner Keynote die verschiedenen Arten von Biases, die durch Algorithmen und Nutzerinteraktionen entstehen. Er forderte multidisziplinäre Ansätze, um Filterblasen zu durchbrechen und Verzerrungen auf allen Ebenen der Datenverarbeitung zu reduzieren.
5. Workshop zum praktischen Umgang mit ethischen Aspekten der Internetsuche
Mitglieder der Fachgruppe #EhticsInSearch der Open Search Foundation brachte den Teilnehmenden in einem praxis-orientierten Workshop „Dystopia vs Utopia“ ethische Aspekte der Websuche näher und zeigte wie Entwickler im Alltag damit umgehen können.
6. Alternative Suchmaschinen stellen sich vor: Mojeek, fragFinn.de und Marginalia Search
Ein Kernanliegen der Open Search Foundation ist es, Alternativen zu den großen Suchmaschinen zu fördern. Daher gibt es seit einigen Jahren auf dem #ossym ein Forum, in dem sich alternative Suchmaschinen dem Konferenzpublikum vorstellen können. Dieses Jahr präsentierte Colin Hayhurst die unabhängige britische Suchmaschine Mojeek, Anke Meinders die gemeinnützige Kindersuchmaschine fragFinn.de und Viktor Löfgen Marginalia Search, eine kleine, spezialisierte Suchmaschine, die es Nutzern ermöglicht, kleine, qualitativ hochwertige Websites zu finden, die von den kommerziellen Suchmaschinen als zu wenig relevant bewertet und daher in Suchergebnissen nicht ausgespielt werden.
Eine ausführliche Zusammenfassung der drei Konferenztage können Sie auf der Website der Open Search Foundation nachlesen:
Tag 1 #ossym2023
Tag 2 #ossym2023
Tag 3 #ossam2023
Die Konferenzproceedings stehen kostenfrei zum Download zur Verfügung:
e-publishing.cern.ch/index.php/OSSYM/issue/view/164/135