„Es braucht viele kleine Davids!“

Mitte Februar ging eine neue Folge der Agoratalk Podcast-Reihe auf Sendung: Christine Plote, Olivier Blanchard und Daniel Höche diskutieren zum Thema „Ethik im digitalen Raum. Alternativen statt Regulierung im Netz“.

Als eine der Säulen, auf denen die Open Search Foundation aufbaut, ist die Digitalethik nicht nur mit Blick auf die Internetsuche, sondern auch die allgemeine Mediennutzung durch Verbraucher ein wichtiges Thema, das zunehmend an gesellschaftlicher Relevanz gewinnt.

Christine Plote – Vorständin der Open Search Foundation, Moderatorin der osf-Fachgruppe Ethik und Co-Leiterin des Projekts „#EthicsInSearch“ – spricht sich für mehr Transparenz und echte Alternativen mit Blick auf Suchmaschinen und weitere Web-Applikationen aus. Warum insbesondere das EU-Projekt OpenWebSearch.eu viele kleine Davids benötigt, die den teils monopolistisch agierenden Tech Giganten entgegentreten, ist nur eines der Themen, die im Gespräch beleuchtet werden.

Rechtliche, technische und soziale Aspekte spielen in der komplexen Medienlandschaft immer enger zusammen. Genau deshalb ist es wichtig, immer wieder in den Dialog zu treten und die Herausforderungen der Digitalisierung im Sinne der Gesellschaft zu meistern.

Zur Podcast-Seite: Agoratalk.de – Episode 17

„Ethik in der Internetsuche – Die Entwicklung der Ethikmühle der Internetsuche auf Basis einer systematischen Literaturanalyse“

Zur Ethik der Internetsuche ist im Januar ein Buchbeitrag erschienen, der das Thema aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachtet. Auf Basis einer Literaturrecherche geben die Auto:rinnen einen strukturierten Überblick darüber, welche ethischen Handlungsfelder und Normen in relevanten Bereichen der digitalen Welt auf die Internetsuche übertragen werden können und welche Handlungsfelder bei der Internetsuche aus ethischer Sicht als wichtig erachtet werden können. Im Anschluss stellen sie das daraus entwickelte Modell der Ethik-Mühle der Internetsuche vor, das die identifizierten Handlungsfelder, deren Abhängigkeiten und ihre Bedeutung im Kontext der Internetsuche zusammenfasst und so einen Einstieg in einen strukturierten Dialog über Ethik in der Internetsuche bietet.

Die Autoren:
Benedikt Hoffmann ist ehemaliges Mitglieder der OSF-Fachgruppe Ethik und Absolvent der THI Ingolstadt. Der Artikel basiert in großen Zügen auf seiner Masterarbeit.
Prof. Dr. Alexander Decker ist Professor an der THI Ingolstadt und Co-Moderator der Fachgruppe Education der Open Search Foundation.
Christine Plote leitet das Projekt #EthicsInSearch und ist Moderatorin der Fachgruppe Ethik der Open Search Foundation.

Ethik in der Internetsuche – Die Entwicklung der Ethikmühle der Internetsuche auf Basis einer systematischen Literaturanalyse
Benedikt Hoffmann, Alexander Decker und Christine Plote. in: M. Knoppe (Hrsg.), Unternehmerische Wertschöpfung neu aufstellen. Springer Gabler 2024.
https://doi.org/10.1007/978-3-658-42270-7_8

Titel des Buchs Wertschöpfung neu aufstellen / Ethik der Internetsuche

Auf dem internationalen Open Search Symposium 2023 diskutierten vom 4. bis 6. Oktober Forscher, Tech Experten und Vertreter aus Politik und Industrie über die Grundlagen einer menschenzentrierten, transparenten und offenen Internetsuche. Auch dieses Jahr gab es wieder eine Vielzahl von Vorträgen zu gesellschaftlichen und ethischen Aspekten der Internetsuche: Von globalen Perspektiven über kognitive Verzerrungen bis hin zu philosophischen Grundsatzfragen wurden viele Facetten beleuchtet. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit, um eine gerechtere und menschenzentrierte digitale Zukunft zu gestalten.

Hier die Highlights (eine vollständige Zusammenfassung aller drei Konferenztage gibt es hier):

1. Keynote von Angella Ndaka: „Inclusion by whose terms?“

Angella Ndaka vom Centre for Africa Epistemic Justice eröffnete die Diskussion mit einem kritischen Blick auf die Auswirkungen technologiegetriebener Unternehmen auf afrikanische Gesellschaften. Sie stellte das Prinzip „Ubuntu“ als Gegenmodell zur algorithmischen Bevormundung vor und beleuchtete die Gefahr, wie Algorithmen demokratische Strukturen gefährden und soziale Ungleichheit verstärken. – Ein Weckruf für einen globalen Perspektivwechsel.

2. Kognitive Verzerrungen bei der Websuche

Ein Team der Technischen Universität Graz präsentierte seine Studie zur Rolle kognitiver Biases in der Internetsuche: Auch bei neutralen Suchergebnissen können vorgefasste Meinungen die Wahrnehmung dominieren. Die Forschenden zeigten eine Lösung auf, wie Suchverhalten analysiert werden kann, um Nutzer auf unbewusste Vorurteile aufmerksam zu machen und diese zu minimieren.

3. Philosophische und soziologische Perspektiven

Manuel Theophil von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität beleuchtete die Rolle von Menschenrechten und ethischen Grundsätzen in der Internetsuche. Er diskutierte, wie Begriffe wie „Freiheit“ und „Offenheit“ im Kontext von Suchmaschinen neu gedacht werden müssen, um demokratische Prozesse zu fördern.

4. Bias in Such- und Empfehlungssystemen

Ricardo Baeza-Yates, Direktor des Institute of Experiential AI an der Northeastern University in den USA, zeigte in seiner Keynote die verschiedenen Arten von Biases, die durch Algorithmen und Nutzerinteraktionen entstehen. Er forderte multidisziplinäre Ansätze, um Filterblasen zu durchbrechen und Verzerrungen auf allen Ebenen der Datenverarbeitung zu reduzieren.

5. Workshop zum praktischen Umgang mit ethischen Aspekten der Internetsuche

Mitglieder der Fachgruppe #EhticsInSearch der Open Search Foundation brachte den Teilnehmenden in einem praxis-orientierten Workshop „Dystopia vs Utopia“  ethische Aspekte der Websuche näher und zeigte wie Entwickler im Alltag damit umgehen können.

6. Alternative Suchmaschinen stellen sich vor: Mojeek, fragFinn.de und Marginalia Search

Ein Kernanliegen der Open Search Foundation ist es, Alternativen zu den großen Suchmaschinen zu fördern. Daher gibt es seit einigen Jahren auf dem #ossym ein Forum, in dem sich alternative Suchmaschinen dem Konferenzpublikum vorstellen können. Dieses Jahr präsentierte Colin Hayhurst die unabhängige britische Suchmaschine Mojeek, Anke Meinders die gemeinnützige Kindersuchmaschine fragFinn.de und Viktor Löfgen Marginalia Search, eine kleine, spezialisierte Suchmaschine, die es Nutzern ermöglicht, kleine, qualitativ hochwertige Websites zu finden, die von den kommerziellen Suchmaschinen als zu wenig relevant bewertet und daher in Suchergebnissen nicht ausgespielt werden.

Eine ausführliche Zusammenfassung der drei Konferenztage können Sie auf der Website der Open Search Foundation nachlesen:

Tag 1 #ossym2023

Tag 2 #ossym2023

Tag 3 #ossam2023

Die Konferenzproceedings stehen kostenfrei zum Download zur Verfügung:
e-publishing.cern.ch/index.php/OSSYM/issue/view/164/135

Unter dem Titel „Ethik der Internet-Suche: Verantwortung von Suchmaschinen, offener Index und worauf Nutzer achten sollten“ sprechen Digitalethiker Dr. Nicolas Dierks und Christine Plote, Vorstandsmitglied der Open Search Foundation und Moderatorin der Fachgruppe Ethik, über ethische Aspekte der Internetsuche. Die beiden werfen Blicke hinter die Kulissen der Internetsuche, sprechen darüber, wie die osf eine offene, transparente und unabhängige Internetsuche in Europa voran bringt und worauf wir als Nutzer schon heute bei der Internetsuche achten können.

Zur Podcast-Folge (45 min.):
www.smartaberfair.de

Vom 11. bis 13. Oktober fand das 3. Internationale Open Search Symposium #ossym21 statt. Neben vielen fachübergreifenden Vorträgen, Workshops und Diskussionen rund um die Internetsuche, fand auch eine dedizierte Session zu Themen rund um Ethische Themen der Internetsuche statt. Einige Vorträge stehen jetzt als Videoaufzeichnung auf den Rechnern des Co-Gastgebers CERN zur Verfügung.

Alle Vorträge fanden auf Englisch statt.

Carla Hustedt

“Safeguarding democratic rights and values in the digital space. A foundation’s perspective“

Eröffnungskeynote für die Session „EthicsInSearch“ auf dem 3. International Open Search Symposium #ossym2021. Carla Hustedt leitet den Bereich „Digitalisierte Gesellschaft“ bei der Stiftung Mercator.

Link zum Video: videos.cern.ch/video/OPEN-VIDEO-2021-348-004

Astrid Mager

“Encoding social change? Analysis of open search technology between German hacker ethics and Asian start-up culture“

Keynote Tag 2. Astrid Mager ist Wissenschafts- und Technikforscherin am Institut für Technologiefolgen-Abschätzung an der Österreichischem Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Link zum Video: videos.cern.ch/video/OPEN-VIDEO-2021-348-002

Pernille Tranberg

“Search Ethics and Data Democracy – How we all have a responsibility creating a data democracy where neither state nor big tech control our lives via data.”

Pernille Tranberg ist Beraterin Datenethik und Datendemokratie und Co-Gründerin des Europäischen „Thinkdotanks“ DataEthics.eu.

Link zum Video: videos.cern.ch/record/2295288

Mirko Tobias Schäfer

“Data Ethics Decision Aid (DEDA): How to implement Ethical Decisions step-by step in Data Projects”

Mirko Tobias Schäfer ist Professor an der Universität Utrecht und Mitbegründer und Projektleiter der Utrecht Data School.

Link zum Video: videos.cern.ch/record/2295228

Christine Plote

“Why the Internet search needs ethical guardrails”

Christine Plote ist Gründungsmitglied der Open Search Foundation e. V. und und Co-Leiterin des Projekts #ethicsinsearch.

Link zum Video: videos.cern.ch/record/2295229

„Ein offener Webindex wäre nicht nur ethischer und vertrauenswürdiger. Sondern auch eine Chance für mehr Vielfalt, weil ihn unterschiedliche Suchmaschinen und auch völlig neue Dienste nutzen könnten.“

Christine Plote, Mitgründerin der Open Search Foundation und Co-Leiterin des Projekts #eEthicsInSearch im Interview bei Tagesspiegel Background.

Das vollständige Portrait finden Sie beim Tagesspiegel Background (Paywall): https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/christine-plote